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Der Rubidium-Oszillator

Seit 1967 ist die Sekunde nicht mehr astronomisch, sondern quantenmechanisch definiert, was eine wesentlich exaktere und reproduzierbarere Weise darstellt. Ich möchte die Grundidee dahinter darlegen.

Aus Sicht der Quantenmechanik werden alle physikalischen Eigenschaften eines Objektes durch seinen quantenmechanischen Zustand bestimmt. Würde man den Zustand vollständig kennen, könnte man Vorhersagen treffen, die so exakt sind, wie es physikalisch möglich ist. Ein in einem Atom gebundenes Elektron kann dabei ganz bestimmte, durch sogenannte Quantenzahlen durchnummerierte Zustände annehmen. Die Quantenzahlen lassen sich mit klassischen physikalischen Eigenschaften wie dem Orbit (n), dem Drehimpuls (l), der z-Komponente des Drehimpulses (m) und dem quantenmechanischen Drehimpuls(Spin) (s) in Verbindung bringen. Ein Elektron im Wasserstoff-Atom ist dann durch seine 4 Quantenzahlen n, l, m und s nahezu vollständig festgelegt. Insbesondere für andere Atome sind sie unzutreffend, hier stören viele Einflüsse dieses Bild. Zwei davon sind die Feinstruktur- und die Hyperfeinstrukturaufspaltung. Die Feinstruktur entsteht, wenn Drehimpuls und Spin gekoppelt sind. Ihre beiden Quantenzahlen (l und s) sind dann nicht mehr gültig und es wird die gemeinsame Quantenzahl j eingeführt. Ähnlich verhält es sich mit der Hyperfeinstruktur (HFS), bei der nun der Drehimpuls mit dem magnetischen Moment des Atomkerns koppelt. Erneut muss eine andere Quantenzahl gefunden werden, die mit f bezeichnet wird.

Jeder quantenmechanische Zustand entspricht einer Energie, die das Elektron gespeichert hat, das in diesem gebunden ist. Ändert es nun seinen Zustand, so muss es den Energieunterschied zwischen diesen abgeben oder aufnehmen, was häufig in Form von Photonen geschieht. Das Licht in Gasentladungslampen entsteht auf diese Weise. Hier nimmt ein Elektron erst Energie auf und ändert dabei seine Drehimpuls-Quantenzahl l, um dann kurz daruf in den ursprünglichen Zustand zurückzufallen und dabei exakt den Energieunterschied zwischen diesen Niveaus wieder abzugeben. Die Hyperfeinstruktur spaltet nun diesen exakten Unterschied in mehrere, leicht unterschiedliche Unterniveaus auf, so dass nicht nur ein Übergang, sondern mehrere möglich sind. Da jedes Photon, dass aus so einem Übergang entstanden ist, eine feste Energie aufweist, die einer exakten, immer gleichen Frequenz entspricht, lässt sich über eine solche Frequenz reproduzierbar die Grundeinheit der Zeit festlegen.

Besonders relevant sind bei chemischen und physikalischen Vorgängen die äußersten (Valenz-) Elektronen von Atomen. Im hier beschriebenen Fall sind die beiden relevanten Atome zwei Isotope des Rubidium Rb87 und Rb85. Rubidium ist ein Alkalimetall und weist daher nur ein Valenzelektron auf. In einem Rubidium-Oszillator wird ein Energieübergang dieses Elektrons innerhalb der Hyperfeinstruktur von Rubidium gemessen und daraus eine Frequenz gewonnen, die zum exakten Errechnen einer Sekunde verwendet wird.

Darstellung des ersten Überganges des Valenzelektrons der beiden Isotope Rb87 und Rb85. Links ist der grundlegende Übergang dargestellt, der durch eine Änderung der l-Quantenzahl entsteht. Daneben ist dieser aufgespalten durch die Hyperfeinstruktur, die durch die f-Quantenzahl gekennzeichnet ist.

Die technische Umsetzung der Messung dieser Frequenz (es ist der Übergang von Rb87 zwischen f=2 und f=1 des 5²s1/2-Niveaus, dessen Frequenz etwa 6,83468 GHz beträgt) ist relativ schwierig. Zunächst wird eine Gasentladungslampe mit Rb87 gezündet, die dann Photonen emittiert. Die Photonen stammen von Übergängen von einem der 4 5²P3/2-Niveaus zu einem der beiden 5²S1/2-Niveaus. Beide 5²S1/2-Grundniveaus können dabei am Emissionsprozess teilnehmen, was zu Licht mit zwei leicht verschiedene Wellenlängen führt. Das Licht wird dann durch eine geheizte Zelle geführt, in der Rb85 (85, nicht 87!) verdampft wurde. Glücklicherweise passt zufällig ein 5²p3/2 auf 5²s1/2-Übergang von Rb87 zu einem 5²p3/2 auf 5²s1/2-Übergang von Rb85. Genauer gesagt wird der Übergang zum f=2-Grundniveau von Rb87 vom Übergang zum f=3-Grundniveau von Rb85 rausgefiltert. Das Licht aus der Rb87-Gasentladungszelle wird also durch die Rb85 derart gefiltert, dass lediglich Licht des f=1-Grundniveaus übrigbleibt.

Dieses Licht wird dann in eine weitere geheizte Zelle geführt, die Rb87-Dampf enthält. Gleichzeitig befindet sich die Zelle in einer Mikrowellen-Kavität. Die Frequenz dieser Mikrowellen wird von einem temperaturstabilisierten Quarzoszillator bestimmt und liegt im Bereich des Hyperfeinstrukturübergangs im Grundniveau von Rb87 (bereits genannte 6,83 GHz). Die in der Zelle im Grundzustand von Rb87 vorliegenden Valenzelektronen besetzen gleichmäßig das f=2 und f=1 Niveau. Das f=1-Licht aus den vorherigen beiden Zellen regt nun die im f=1-Grundzustand vorliegenden Elektronen in ein Niveau des 5²P3/2-Zustands an. Diese fallen nun zurück in den Grundzustand und emittieren dabei wieder Photonen. Der Übergang findet jedoch zu gleichen Anteilen sowohl in das f=2 als auch in das f=1 Grundniveau statt. Die in das f=1 Niveau zurückfallenden Elektronen werden dann jedoch erneut vom f=1-Licht angeregt. Dies passiert so lange, bis die meisten in f=1 vorliegenden Eletronen in den f=2-Zustand gehoben worden sind. Dann werden nurnoch wenige f=1-Photonen aus den anderen Zellen absorbiert und die Lichtintensität hinter der Zelle wird höher. Die Intensität wird mit einer Photodiode gemessen. Wenn zusätzlich eingestrahlten Mikrowellen jedoch exakt der Frequenz des f=2 - f=1 Hyperfeinstrukturüberganges entsprechen, so sorgen sie durch Rabi-Oszillationen dafür, dass im Zeitmittel wieder mehr Elektronen im f=1-Zustand vorliegen und wieder mehr des eingestrahlten f=1-Lichtes absorbiert wird. Ein Rückgang der Lichtintensität an der Photodiode folgt. Elektronisch wird nun die Frequenz derart geregelt, dass die Intensität minimal ist. Dann entsprechen die eingestahlten Mikrowellen jedoch exakt dem f=2-f=1 Übergang. Die gewünschte Frequenz wurde also erreicht und kann nun (etwa durch Frequenzteiler) als Referenztakt verwendet werden.
Eine ausführlichere Darstellung dieses Prinzips findet sich in einem Artikel von James Camparo.

Der in der Uhr verbaute Rubidium-Oszillator ist vom Typ FE-5680A von FEI.

Der FE-5680A Rubidium-Oszillator.

Das FE-5680A kann sowohl ein Sekundensignal, als auch ein 10 MHz-Taktsignal ausgeben. Dafür muss es mit 15 V / 2 A und mit 5 V / 1 A versorgt werden. Das Modul beginnt dann, die Rubidium-Dampfkammern zu heizen. Die Kammern befinden sich in dem metallischen Kasten im obenstehenden linken Bild rechts in der Mitte. Sobald die Arbeitstemperatur erreicht wird, beginnt die Regelung, die Ausgangsfrequenz des temperaturkompensierten Quarzoszillators mit der oben beschriebenen Methode auf den perfekten Wert zu korrigieren. Ist die Korrektur abgeschlossen, so wechselt auf einer hierfür vorgesehenen Leitung ein Ausgangssignal von High zu Low. Vor diesem Signal ist die ausgegebene Frequenz noch nicht Atomuhr-exakt, kann aber bereits zum Treiben des Haupt-Microcontrollers verwendet werden.
Das Leuchten der Rubidium-Gasentladungslampe im Betrieb.
Alle Ein- und Ausgangssignale werden über einen Sub-D-Anschluss rausgeführt. Mir war dies zu anfällig, daher habe ich das 10 MHz-Signal intern abgegriffen und mit einem Koaxialkabel an einen SMA-Stecker geführt. Von diesem wird der Takt dann an Nimian übertragen.
Modifikation des Moduls zur Herausführung des 10 MHz-Signals an einen SMA-Stecker.